Barrieren der Fortbewegung im öffentlichen Raum

Der öffentliche Raum wird in der neoliberalen Stadt zunehmend privat angeeignet. In der Aneignung zeigt sich eine „Verräumlichung der sozialen Stellung“ (Etzold 2014: 39) und damit in die Räume eingeschriebene Machtverhältnisse (vgl. Bourdieu 2005: 118). Die Aneignung vollzieht sich auf höchst vielfältige Weise und ist gleichzeitig am greifbarsten und doch unsichtbarsten weil alltäglichsten auf dem vielleicht wichtigsten physischen Ort der Öffentlichkeit: dem Gehsteig. Neben den häufig im Kontext von Versicherheitlichung und/oder kommerzieller Nutzung betrachteten und kritisierten Einschränkungen der Möglichkeiten des öffentlichen Verweilens, betrifft die Nutzbarkeitseinschränkung jedoch auch die Fortbewegung.

Zahlreichen planerischen Vorgaben zum Trotz, die Barrierefreiheit und Mindestbreiten für Gehsteige vorschreiben, gerät insbesondere für Menschen im Rollstuhl die alltägliche Fortbewegung häufig zum Hindernisparcours. Auch das kommunikative Zufußgehen zu zweit nebeneinander ist alles andere als selbstverständlich möglich.

Dieses Projekt stellt die Frage, welche Hürden (wo) einer kommunikativen und/oder rollstuhlgebundenen Fortbewegung im öffentlichen Straßenraum entgegenstehen?

Um Antworten auf diese Frage zu finden, werden Start- und Zielpunkte für Teilnehmenden-Duos festgelegt. Von ersterem sollen sie nebeneinander gehend/im Rollstuhl zu letzterem/n gelangen und dabei Barrieren sowie ihre Route in einer Mental Map festhalten. Verhindern Barrieren ein den Regeln der Rallye gemäßes Fortbewegen, müssen Ausweich-Routen gesucht werden.

Im Anschluss an die Rallye werden die Mental Maps in einem Austausch der Duos untereinander zu einer Gesamtkarte zusammengetragen und die Erlebnisse reflektiert. Akteure und Ursachen, die für die vorgefundenen Barrieren verantwortlich sind sowie Ansätze zu ihrer Beseitigung gesucht und diskutiert. Welche Machtverhältnisse liegen vor und wie können diese aufgedeckt, problematisiert und bekämpft werden?

Kosten

Die Kosten für das Projekt hängen stark davon ab, ob Rollstühle genutzt (Barrierefreiheit im eigentlichen Sinne) oder nur kommunikatives Zufußgehen gewählt wird. Für Rollstühle würden Kosten von ca. 15€/Tag und Rollstuhl anfallen, zzgl. ggf. Lieferung. Darüber hinaus würden Kosten für die Mental Maps und zugehörige Schreibuntensilien anfallen.

Bei 20 Teilnehmenden, davon zwei Duos im Rollstuhl entstünden folglich Kosten von ca. 75€ für Rollstühle und weitere rund 25€ für Karten und Schreibuntensilien.

Ablauf

  • Identifizieren von repräsentativen Orten/Routen in Frankfurt
  • Vorbereitung von Materialien für die Mental Map,
  • Vorbereitung theoretischer Hintergründe für das Ergebnisplenum
  • ggf. Ausleihe der Rollstühle
  • Vorbereitung der Teilnehmenden: Erwartungen, Vorerfahrungen, Einweisungen in Rallye-Spielregeln und Konzept von Mental Maps
  • Durchführung der Rallye
  • Zusammentragen der Erlebnisse im Plenum, Erstellung der Gesamt-Mental Map, Diskussion der Ursachen, Chancen, Handlunsmöglichkeiten

Bourdieu, Pierre (2005): Ortseffekte. In: Bourdieu, P., Balazs, G., und Beaud, S. (Hrsg.): Das Elend der Welt. Gekürzte Studienausgabe, UVK, Konstanz, S. 117–123.

Etzold, Benjamin (2014): Raumaneignungen, Regeln und Profite in Dhakas Feld des Straßenhandels – Sozialgeographische Erklärungsversuche auf Grundlage von Bourdieus Theorie der Praxis. Geographica Helvetic, 69 (2014). S. 37-48.